Was für ein Jahr! Corona hat die Welt vor neue Herausforderungen gestellt. Hoffen wir, dass das nächste Jahr uns langsam zur Normalität zurück kommen lässt. Aber Moment: Die Normalität war auch vor Corona für viele Menschen nicht in Ordnung. Menschenrechtsverletzungen, Umweltverschmutzung, Klimakrise – all das war vorher da und wütete weiter während der Pandemie. Viele Konzerne haben ihren Anteil daran, z.B. die Tabakindustrie, die bereits seit vielen Jahren die Gesundheit der Menschen gefährdet.

Welchen Stellenwert das Thema Gesundheit hat, zeigt sich in der Pandemie deutlich. Unsere Gesundheitssysteme sind nicht so belastbar, wie sie es sein müssten. Um so wichtiger, dass vermeidbare Krankheiten, die u.a. durch Tabakkonsum entstehen, stärker bekämpft werden. Die Tabakindustrie hat getan, was sie immer in Krisen tut: Die Gelegenheit nutzen, um ihr ramponiertes Image aufzupolieren.

Wir haben die Aktivitäten der Tabakindustrie beobachtet und dokumentiert. Denn Raucher*innen riskieren durch den Konsum von Tabak eine höhere Ansteckungsgefahr und einen schweren Verlauf von COVID-19. Also besser jetzt mit dem Rauchen aufhören.

Was die Industrie in der Pandemie macht, nennen wir Crisis Washing – sich in Krisen als Retter in der Not darstellen. Allerdings spielen sie die Retter, nachdem sie das Schiff versenkt haben. Ernst zu nehmen ist das Charity-Gebaren der Industrie nicht, es dient eher Marketingzwecken. Unsere Erkenntnisse haben wir auf der Deutschen Konferenz für Tabakkontrolle im Dezember vorgestellt und dazu ein Statement auf der Pressekonferenz abgegeben.

Fokus Kinderarbeit

Das Thema Kinderarbeit und Lieferketten beschäftigte uns das ganze Jahr über. Als Mitglied der Initiative Lieferkettengesetz fordern wir ein Lieferkettengesetz und haben u.a. bei einer Aktion gemeinsam 222.222 Unterschriften für ein Gesetz an das Bundeskanzleramt übergeben. Das Wirtschaftsministerium blockiert noch immer dieses wichtige Gesetz.

Vor allem die Kinderrechte auf Gesundheit, angemessene Lebensbedingungen, Bildung, Freizeit und Schutz vor Ausbeutung bleiben im Tabakanbau auf der Strecke. Wie arbeitende Kinder in der Elfenbeinküste und in Malawi von einem Lieferkettengesetz profitieren würden, diskutierten wir im Januar gemeinsam mit dem Forum Fairer Handel in Berlin. Im September spachen wir über die Lieferketten von Kakao und Tabak mit Leonard Rupp von der Kampagne Make Chocolate Fair, der Expertin für Menschenrechte und Tabakkontrolle Laura Graen und Maja Volland vom Forum Fairer Handel in einem Online Seminar.

Kinderrechte am Weltnichtrauchertag

Zum Weltnichtrauchertag am 31.5.2020 forderten wir gemeinsam mit unseren Partner*innen aus dem Netzwerk Kinderrechte und Tabakkontrolle: Kinderrechte umsetzen, Tabakkontrolle stärken!

Dazu haben wir in einem Online-Seminar diskutiert, wie die Tabakindustrie Kinderrechte verletzt, zusammen mit Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum und Nina Ohlmeier vom Deutschen Kinderhilfswerk.

Durch die UN-Kinderrechtskonvention ist Deutschland verpflichtet, die Rechte von Kindern zu stärken und darüber regelmäßig an die UN zu berichten. Gleichzeitig muss Deutschland das WHO-Tabakrahmenübereinkommen erfüllen. Wir haben deshalb einen Alternativbericht beim UN-Ausschuss für Kinderrechte eingereicht. Wir fordern von der deutschen Regierung, unverzüglich stärkere Maßnahmen der Tabakkontrolle zu ergreifen, damit die Rechte von Kindern geschützt werden.

In einem spannenden Projekt zu Kinderrechten und Tabak haben wir Berliner Schüler*innen einer Sprachförderklasse begleitet. Sie äußerten ihre Perspektiven im Film Wir wollen, dass Tabak nicht mehr verkauft wird, den sie zusammen mit einem Brief an das UN-Kinderrechtskomitee geschickt haben.

Inzwischen haben wir weitere Filme zu Kinderrechten mit Stimmen aus dem Globalen Süden ins Netz gestellt. Gemeinsam mit unseren Partnern UBINIG, TOFAZA und Katarana Productions zeigen wir die problematischen Folgen von Tabak auf Kinder und Jugendliche an den Beispielen Bangladesch, Indonesien und Sambia:

Frauenrechte und Tabakkontrolle

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit waren Frauenrechte, die durch Tabak massiv verletzt werden. Um Frauenrechte zu stärken, haben wir im Januar gemeinsam mit neun weiteren Organisationen eine Eingabe an das UN-Komitee zur Frauenrechtskonvention (CEDAW) geschickt. Mit Erfolg: Das Komitee hat unsere Anliegen in den Fragenkatalog an die Bundesregierung aufgenommen.

Wie hart die Situation der Frauen auf den Tabakfeldern in Bangladesch ist, zeigen wir zusammen mit unseren Partner*innen von UBINIG in Tabakanbau – die Machtlosigkeit der Frauen. Die Regie führte Farida Akhter, die wir im Oktober zu einem Online-Gespräch einladen konnten. Sie sprach mit Gisela Burckhardt von FEMNET über die ausbeuterischen Zustände im Textilsektor und im Tabakanbau in Bangladesch.

Deutschlands Politik und Tabakkontrolle

Ein weiterer Erfolg ist das neue Tabakwerbeverbot. Dieses auszuweiten war längst überfällig. Ein neues Gesetz wurde aber in den letzten Jahren von CDU/CSU blockiert. Nun haben die Parteien einem Gesetzesentwurf im Bundestag zugestimmt. Das neue Gesetz tritt ab 2021 schrittweise in Kraft. Wir begrüßen das neue Gesetz, kritisieren aber die großzügigen Fristen und Ausnahmen bei Werbemöglichkeiten für die Tabakindustrie.

Ein Grund dafür ist sicherlich, dass der Einfluss der Tabakindustrie auf politische Entscheidungen nach wie vor viel zu hoch ist. Dies zeigt sich im neuen Index zur Einflussnahme der Tabakindustrie in Deutschland, den wir gemeinsam mit zehn Organisationen herausgegeben haben. Der Bericht wurde von Laura Graen, einer der beiden Gründerinnen von Unfairtobacco, verfasst.

Apropos Laura! Ganz besonders gefreut hat uns, dass Laura dieses Jahr den 1. Preis der Young Professional Awards der Association of European Cancer Leagues gewonnen hat.

In Deutschland ist sie die erste, die Tabakkontrolle zu einem Menschenrechtsthema gemacht hat. Durch ihre unermüdliche Arbeit hat sie das deutsche Netzwerk Kinderrechte und Tabakkontrolle geformt und zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit geführt.

Ein ereignisreiches Jahr – trotz Coronakrise ist vieles gelungen. 2021 kann kommen. Dann wollen wir unserer Vision noch näher kommen: Eine tabakfreie Welt bis 2040.

Wir danken euch für euer Interesse und eure Unterstützung! Bleibt gesund!